Ich schenke Dir mein Ohr

12.8.2024

Seitensicht des Kopfes einer Steinstatue wo das Ohr im Mittelpunkt ist

Frage: Kann man das Zuhören lernen?

„Du hörst mir nicht zu!“ Dies ist ein häufiger Vorwurf, nicht nur in Paarbeziehungen, sondern auch in Eltern-Kind-, Schüler-Lehrer- oder Kunden-Geschäftsbeziehungen. Zuhören bezaubert. Schenkt man jemandem sein Ohr, so gibt man Aufmerksamkeit und signalisiert: „Was du sagst, ist mir wichtig“, vielleicht sogar: „Du bist mir wichtig.“

Die Macht des Zuhörens lässt sich in einem kurzen Rollenspiel direkt erleben. Man bittet einen experimentierfreudigen Gesprächspartner, eine Minute lang beispielsweise von seinem letzten Urlaub zu erzählen. Ohne das Gegenüber zu unterbrechen, zeigt man spürbar, dass man zuhört. Danach hört man eine Minute lang demonstrativ nicht zu. Beobachtet man sich selbst und auch das Gegenüber, welche Strategien jeweils eingesetzt werden und wie man sich dabei fühlt, wird offensichtlich, was es bedeutet, einander zuzuhören oder nicht – und vor allem, welche Wirkung das auf die Beziehung der Gesprächspartner hat.

Im wirklichen Leben steuern wir das Zuhören meist weniger bewusst. Ein Grund, warum wir nicht zuhören, kann fehlendes Interesse sein, aber oft sind wir einfach abgelenkt. Ein echter Dialog zeichnet sich durch eine gute Balance von Sprechen und Zuhören, Geben und Nehmen aus. Das setzt voraus, über eine intakte und gut ausgebildete Hörwahrnehmung zu verfügen, sowie im guten Kontakt mit dem Gesprächspartner, aber auch mit sich selbst zu sein.

Mit zwei einfachen Techniken lässt sich das üben. Bei der Technik der Kommunikationsschleife hört man dem Gesprächspartner zunächst mit aller Aufmerksamkeit zu. Wenn er fertig gesprochen hat, wiederholt man so sorgfältig wie möglich, was man gehört hat. Der andere ergänzt, was ausgelassen wurde oder verbessert Verständnisfehler, ohne zu werten. Erst wenn man auch das wiederholt hat, darf man antworten. Mit dieser Technik wird erreicht, dass man erst spricht, wenn man bewiesen hat, zugehört zu haben.

Bei der zweiten Technik konzentriert man sich beim Zuhören auf sich selbst und beobachtet die eigenen Gefühle, denn diese haben enormen Einfluss auf die Antwort. So bemerkt man, wenn das Zuhören möglicherweise von anderen Faktoren beeinflusst wird, z.B. von einem vorangegangenen Gespräch, der Umgebung oder der momentanen Verfassung. Sobald man das bewusst wahrnehmen kann, wird es möglich, solche Einflussgrößen bei der Antwort leichter auszuklammern. Die Gefahr von Missverständnissen wird geringer. Diese Technik erfordert mehr Übung, ist aber ein ausgezeichnetes Training, um die Balance zwischen innen und außen aufrechtzuerhalten.

Grundlage des Lebens ist Kommunikation. Nur im Dialog ist Entwicklung möglich. Im Austausch erweitern wir unsere Spielräume und unsere inneren Muster. Wenn die Brücke zwischen außen und innen, die Hörwahrnehmung, beeinträchtigt ist, wird Kommunikation anstrengend. Deshalb ist gutes Hören die Basis zur aktiven Teilnahme am sozialen und emotionalen Geschehen. Eine systemische Hörtherapie oder ein gezieltes Hörtraining nach Dr. Alfred Tomatis, auch bekannt als Therapie nach Dr. A. Tomatis, kann hier unterstützen. Tomatis hat herausgefunden, dass die Hörverarbeitung und der Umgang mit Hörproblemen entscheidend für eine klare und effektive Kommunikation sind. Durch gezieltes Training können Hörstörungen und damit verbundene Schwierigkeiten in der Hörwahrnehmung verbessert werden, was die Grundlage für eine gesunde und konstruktive Kommunikation schafft.